Fussball ohne Grenzen

 
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INTER für Vielfalt, Menschlichkeit und Zusammenhalt

Afghanistan, Bulgarien, Chile, Deutschland, Eritrea, Frankreich, Guinea … Der FC Internationale Berlin vereint rund 70 Nationalitäten. Bei uns spielen Mädchen, Jungen, Frauen, Männer aller Glaubensrichtungen und solche, die vor allem an den Fußballgott glauben. 

 

Seit 2007 sind wir Integrationsstützpunkt der Sportjugend, 2013 wurde dem Verein der „DFB-Integrationspreis“ verliehen. Seit den 90er-Jahren ziert der Slogan NO RACISM unsere Trikots und Trainingskleidung. Die Botschaft ist leider aktueller denn je.

 

Seit Montag gibt es wieder Grenzkontrollen. Busse und Autos werden an den Übergängen kontrolliert. Dabei waren wir doch alle so stolz auf unsere europäische Freizügigkeit, die nun durch eine von Rassismus getriebene Asylpolitik in wenigen Tagen über den Haufen geworfen wurde.

 

Unsere Wirtschaft freute sich über offenen Grenzen und das Schengener Abkommen, das nun mit einem Federstrich ad absurdum geführt wird. Die im Auftrag der Industrie- und Handelskammer erscheinende Zeitschrift „Berliner Wirtschaft“ berichtet, der Hauptstadt fehlten momentan 90.000 Fachkräfte. Bis zum Jahr 2035 schätzt die IHK die Zahl gar auf 414.000. Nur für Berlin!

 

Vielen dieser dringend gesuchten Menschen bringen wir auf dem Fußballplatz die oft zitierten Soft Skills bei: Teamgeist, Durchhaltevermögen, Fairplay, Ehrgeiz oder Entscheidungsstärke, um nur einige zu nennen. Der Amateurfußball sorgt also nicht nur für Zusammenhalt und Spannung auf dem Platz, er ist auch Zukunftsmotor. 

 

Weit mehr als die Hälfte der Berliner Grundschülerinnen und -Schüler haben eine familiäre Einwanderungsgeschichte. Beim Fußball, der ja so gern als Spiegelbild der Gesellschaft bezeichnet wird, dürfte die Zahl ähnlich sein. Beim FC Internationale engagieren sich viele Menschen mit Zuwanderungshintergrund: als Coaches, Schiris, Vorstände, in der Nachhaltigkeitsgruppe und mehr. 

 

Für uns sind sie gleichberechtigte Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt. Ob sie nun Smith, Yilmaz, Gonzales, Li oder Müller heißen. Sie alle gehören zu Berlin und zu unserem Verein, dem FC Internationale. Wir möchten, dass sie bei uns bleiben!

 

Wir sind entsetzt, dass faschistisches Vokabular 79 Jahre nach der Kapitulation von Nazi-Deutschland wieder salonfähig wird. Rechte Hetzer können unbehelligt ihre Fantasien zu Remigration, Eugenik und Gewalt ausleben. Sogar öffentlich als Mitglieder einer Partei, die der Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem einstuft. 

 

Die Politik lässt sich von eben diesen Hetzern treiben und reißt wesentliche Pfeiler unserer Asylpolitik ein. Viele vermeintlich demokratische Politiker differenzieren nicht mehr, stellen stattdessen Menschen wegen ihrer Herkunft oder ihres Aussehens unter Generalverdacht. Auch Politiker:innen, von denen wir das nie gedacht hätten.

 

In vielen staatlichen Institutionen agieren Staatsbedienstete auf Basis von äußerlichen Merkmalen. Gegen dieses zunehmende „Racial Profiling“ gibt es hörbar keinen Widerspruch aus der Politik. So wie sich kaum noch jemand öffentlich gegen die ungeheuerlichen Äußerungen der Extremisten stellt. 

 

Diese Tendenz war schon vor den abscheulichen Attentaten von Solingen und Mannheim sichtbar. Wir verurteilen die Taten, so wie die vielen anderen Mordanschläge der letzten Jahre, die in Hanau, München, Halle und anderswo verübt wurden. Die Aufklärung obliegt der Polizei und der staatlichen Justiz, die Bundesrepublik Deutschland basiert auf einer rechtsstaatlichen Verfassung. 

 

Wir empfinden eine besondere Verpflichtung, Menschen in Not zu helfen. Unserem Land darf die Menschlichkeit nicht verloren gehen. Wir sind gerade wegen unserer fürchterlichen deutschen Geschichte besonders in der Verantwortung.

 

Der FC Internationale erhielt vor einigen Jahren den „Berliner Stern des Sports“ für seine Arbeit mit Geflüchteten. Darüber haben wir uns sehr gefreut, auch weil damit der Fußball als ideales Mittel für eine gelungene Teilhabe anerkannt wurde. Heute stellen wir fest, es gibt keine Unterstützung von der Politik. 

 

Wir sind vor drei Jahren dem bezirklichen „Bündnis gegen Antisemitismus“ beigetreten, weil wir es wichtig finden, dass die engagierte Zivilgesellschaft, zu der wir uns zählen, sich solidarisch zeigt. 

 

Wir kooperieren seit vielen Jahren mit den „Berliner Werkstätten für Menschen mit Behinderung“ und sind seit Jahren Gastgeber ihrer Berliner Meisterschaften. Wir haben bereits dreizehnmal den „Inter-Kultur-Cup“ durchgeführt, ein Turnier, mit dem wir versuchen, einen Teil der Vielfalt unserer Stadt abzubilden. 

 

Wir möchten möglichst vielen Berlinerinnen und Berlinern, die zu uns kommen möchten, ein sportliches Zuhause bieten. Auch wenn das aufgrund der katastrophalen Defizite an Sportanlagen nicht möglich ist. 

 

Immerhin konnten wir in den letzten Jahren vielen vor Krieg und Hunger geflüchteten Menschen einen Platz in unserem Verein bieten. So wie andere Sportvereine auch. Die eindrucksvolle Dokumentation „Flucht und Spiele“ im Deutschlandfunk zeigt das anschaulich auf.

 

Dennoch haben wir oft den Eindruck, es ist nie genug, gerade weil der Bedarf so groß ist. TV-Experte und Wissenschaftjournalist Eckardt von Hirschhausen sagte sprach uns aus dem Herzen, als er sagte: 

„Es ist schwer, die Welt ehrenamtlich zu retten, wenn andere sie hauptberuflich zerstören!“

 

Politiker:innen überbieten sich nach den jüngsten Attentaten, die mutmaßlich aus islamistischer Gesinnung geschahen, mit populistischen Forderungen. Rechtsextreme treiben derweil die gesellschaftliche Spaltung weiter voran, indem sie Hassbotschaften bis hin zu Morddrohungen in Social Media, auf Straßen und Marktplätzen verbreiten. 

 

Sie zeigen schonungslos auf, dass ihnen Menschenleben gleichgültig und sie Feinde unseres demokratischen Miteinanders sind. Genau wie die Islamisten hinter den Mordanschlägen auch. 

 

Junge Menschen bekommen täglich rechtsextreme Posts auf Social Media geschickt. Viele können diese nicht einordnen und fallen auf die menschenverachtende Hetze rein. Auch weil die Politik zu wenig Geld in Bildung investiert. 

 

Der FC Internationale fordert seit Jahren, Sozialarbeiter in die Vereine zu schicken, um gerade bei den jungen Menschen präventiv wirken zu können. Um unter den vielfältigen Gruppen ein solidarisches Miteinander zu stärken, Hass und Hetze offensiv zu begegnen. Wir wurden bis heute nicht erhört. 

 

Das traurige Argument lautet seit Jahren: „Dafür ist kein Geld da!“ Oder fehlt vielleicht einfach der politische Wille? Für die Paläste der Hochkultur, die Sanierung von Prestige-Sportanlagen oder eine Autobahn quer durch die Stadt fehlt es schließlich nicht an Mitteln. 

 

Der FC Internationale steht für Vielfalt und ein solidarisches Miteinander. Wir wollen unser gesellschaftspolitisches Engagement hochhalten. Wir positionieren uns offensiv gegen Extremismus und Hass, auch wenn wir uns damit nicht überall Freunde machen.

 

Wir werden uns weiterhin für die Stärkung der engagierten Zivilgesellschaft einsetzen, also für Vereine, Organisationen und Initiativen, die für ein demokratisches und weltoffenes Land stehen. 

 

Wir wollen unser Ehrenamt möglichst vielfältig aufstellen und möchten Menschen jeglicher Herkunft und Weltanschauung ermuntern, sich bei uns für die Gemeinschaft zu engagieren.

 

„Das Ziel von Terrorismus ist es, Schrecken zu verbreiten, Menschen zu verunsichern und Gesellschaften durch Gewalt, Hass und Menschenverachtung zu spalten. Lasst uns angesichts des Terrors näher zusammenrücken und uns denen widersetzen, die dem Hass mit Hass begegnen.“ sagt Oke Göttlich, Präsident des FC St. Pauli. 

 

Wir müssen erkennen, dass islamistische und rechte Extremisten einander fördern. In vielen Dingen stimmen sie überein, z. B. bei der Ablehnung von Feminismus, Globalisierung oder bei der Verbreitung von Verschwörungstheorien. Terroranschläge und Aktionen haben auch das Ziel, die Extremisten im jeweils anderen Lager zu stärken. 

 

Wir solidarisieren uns mit allen Vereinen, die von rechter Gewalt betroffen sind. Die ihre Spieler von der Polizei schützen lassen müssen, die bei Auswärtsspielen rassistisch, antisemitisch, sexistisch oder homophob beleidigt, ja sogar bedroht werden. 

 

Wir versichern den Mitgliedern des FC Internationale, demokratische Grundsätze zu verteidigen, Humanität und Diversität in den Vordergrund zu stellen. Wir sind in erster Linie ein Fußballverein und spielen um Tore und Punkte. Aber wir stehen auch seit 44 Jahren für unsere Werte ein. 

 

Wir haben uns den 17 UN-Nachhaltigkeitszielen verschrieben. Wie notwendig das ist, zeigen die durch die Klimakrise verursachten Katastrophen, deren Auswirkungen längst vor der eigenen Haustür angekommen sind. Katastrophen, die noch mehr Menschen zur Flucht vor Hunger und Hitze treiben werden. 

 

Zu den UN-Zielen gehört der verantwortungsvolle Umgang mit dem Planeten ebenso wie die Bekämpfung von Hunger, Armut, Krieg und Ungleichheiten sowie die Stärkung von Bildung, Gesundheit und stabilen Institutionen. Diesem Bestreben fühlen wir uns verpflichtet.

 

Das Nachhaltigkeitsziel Nummer 17 lautet: „Partnerschaften zur Erreichung der Ziele“. Wir versprechen hiermit, ein verlässlicher und der Demokratie verpflichteter Partner zu sein. Im Rahmen unserer Möglichkeiten. 

 

Für uns bedeutet das: Wir stellen uns offen gegen Rechtsextremismus und Diskriminierung. Gleichzeitig zeigen wir uns solidarisch mit Menschen, die Hilfe benötigen. 

 

Wir freuen uns über alle, die mit uns im Kampf für die Demokratie und das vielfältige solidarische Berlin zusammenarbeiten und uns dabei unterstützen. Es ist an der Zeit, zusammenzurücken und uns gegenseitig den Rücken zu stärken. 

 

Am kommenden Sonntag sind in Brandenburg Wahlen: Wählt klug und wählt demokratisch! 

 

Internationale Solidarität

 

Gerd Thomas und Werner Kawald

Für den Vorstand des FC Internationale

 

P. S.: Einige Formulierungen des Briefs lehnen sich an eine Veröffentlichung zum FC St. Pauli an. Ansonsten gab es aus dem Fußball und von seinen Vertretern erstaunlich wenige Stellungnahmen zum erstarkenden Rechtsextremismus im Land. Wir bedauern das ausdrücklich und freuen uns über weitere klare Bekenntnisse. 

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Veröffentlichung

Di, 17. September 2024

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